Gott begleitet mich schon mein ganzes Leben lang. Durch meine Eltern erfuhr ich, dass es Gott gibt und er gehörte ganz selbstverständlich zu meinem Leben dazu. Ich erlebte: Gott ist da und er sorgt für uns! Bei meiner Firmung sagte der Weihbischof: „Nun seid ihr erwachsene Christen, bezeugt Gott in eurem Leben!“ Ich weiß noch, dass ich Feuer und Flamme war, kein Wunder direkt nach der Firmung! In meinem Herzen jubelte ich Gott zu und versprach: „Ja, das will ich tun!“ Nach einigen Tagen vergaß ich es gleich wieder, andere Dinge waren mir wichtiger. Doch Gott vergaß mein Versprechen nicht!
Taizé – eine Sprache des Herzens über Grenzen hinweg
Mit 19 Jahren fuhr ich das erste Mal nach Taizé. Die gemeinsamen Gebete drei Mal am Tag mit tausenden von Jugendlichen, mit den einprägsamen Wiederholungsgesängen, die den ganzen Tag in mir weitersangen und die gemeinsame Stille vor Gott, in der man eine Stecknadel hätte fallen hören können, faszinierten mich. In großer Offenheit tauschten wir uns täglich über das Wort Gottes aus. Es gab hier eine Sprache des Herzens, die uns alle verband, über Grenzen der Sprachen, Kulturen und Weltanschauungen hinweg. Einfach genial!
Das war für mich wirklich lebendiger Glaube. Taizé wurde mir zur geistigen Heimat. In einer Gebetszeit berührte Gott mich ganz persönlich und zeigte mir, wie wichtig ich für IHN war. Er erfüllte mich in einem einzigen Augenblick bis auf den Grund meiner Seele mit seiner bedingungslosen Liebe und traf dabei meine tiefste Sehnsucht: bedingungslos angenommen und geliebt zu sein, so wie ich bin! In diesem Moment gewann er mein Herz für immer. Ich wusste, kein Mensch auf der Welt kann mich jemals tiefer erfüllen als Gott! ER ist der beste Liebhaber, den es gibt!
Von Frère Roger nahm ich den dringenden Aufruf mit: „Lebe das wenige, was du vom Evangelium verstanden hast, aber lebe es!“ Was hatte ich verstanden in Taizé? Gott liebt JEDEN, bedingungslos! Menschen, aus Ländern, die sonst verfeindet waren, konnten hier miteinander in Frieden leben. Diese Erfahrung hat mich tief geprägt. Frieden und Versöhnung sind tatsächlich möglich. Es liegt an mir, mit offenem Herzen den ersten Schritt auf den Anderen zuzugehen und Brücken des Friedens zu bauen.
Mir war klar, um meinen Glauben wirklich leben zu können, brauche ich auf jeden Fall Menschen, mit denen ich gemeinsam beten und über das Wort Gottes austauschen kann! Wo war das möglich?
Ordensleben heute noch?
Ordensleben kam für mich zunächst überhaupt nicht in Frage: „Das macht doch heute keiner mehr!“
Von Taizé aus schickte mich meine Gesprächsbegleitung ins Kloster Sießen. Sie sagte damals zu mir: „Du kannst überall mit Gott leben, schau einfach, wo du wirklich glücklich bist und du selbst sein kannst, denn Gott will, dass du glücklich bist!“
In Sießen begegnete mir Christus einmal ganz konkret in einer Schriftbetrachtung. Er schaute mich an und fragte: „Wer bin ich für dich?“ Diese Frage bewegte mich sehr. In der Stille im Gebet tauchte aus meinem Herzen plötzlich die Antwort auf: „Du bist der Weg, die Wahrheit und das Leben, auf dich vertraue ich und danke dir! Tief aus meinem Inneren brach eine unbeschreibliche Freude hervor, ich hatte gefunden was ich suchte! Mir war auf einmal sonnenklar: ja, hier in Siessen will ich mit Gott leben!
Seitdem führt Gott mich durch alle Höhen und Tiefen des Lebens hindurch mit seiner grenzenlosen Liebe, die mich trägt. Mir ist durch Christus schon jetzt das Leben in Fülle geschenkt. Was will ich mehr? In IHM habe ich doch alles! In Dankbarkeit für seine Treue und im Vertrauen auf die Verheißung seiner unendlichen Liebe, in jedem Augenblick meines Lebens, wage ich täglich neu das Abenteuer mit IHM.
Sr. Alicia